Textauszüge
Ausschnitte aus "Druckgraphisches im Projekt Variations Vallotton"
(Eva Inversini in "Jürg Straumann. Variations Vallotton", 2015)
Das Projekt Variations Vallotton von Jürg Straumann (*1952) besteht mittlerweile aus siebenunddreissig Werkgruppen, von denen einige wiederum mehr als dreissig Einzelarbeiten umfassen. Sie legen eindrückliches Zeugnis von der nun bald sieben Jahre andauernden intensiven Beschäftigung von Jürg Straumann mit dem Gesamtwerk und der Persönlichkeit des Schweizer Künstlers Félix Edouard Vallotton (1865-1925) ab.
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So zeugt Jürg Straumanns Auseinandersetzung mit dem Leben und Werk von Félix Vallotton von Entfremdung und Aneignung, von Persönlichem und Allgemeinem, von Zeigen und Verbergen, von Innerlichem und Äusserlichem – in Variationen schafft Jürg Straumann Werke in unterschiedlicher Nähe und Distanz zu seinen grundlegenden Fragestellungen nach den Mechanismen der Bildgestaltung vor dem Hintergrund unserer Zeit.
Das Projekt Variations Vallotton von Jürg Straumann (*1952) besteht mittlerweile aus siebenunddreissig Werkgruppen, von denen einige wiederum mehr als dreissig Einzelarbeiten umfassen. Sie legen eindrückliches Zeugnis von der nun bald sieben Jahre andauernden intensiven Beschäftigung von Jürg Straumann mit dem Gesamtwerk und der Persönlichkeit des Schweizer Künstlers Félix Edouard Vallotton (1865-1925) ab.
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So zeugt Jürg Straumanns Auseinandersetzung mit dem Leben und Werk von Félix Vallotton von Entfremdung und Aneignung, von Persönlichem und Allgemeinem, von Zeigen und Verbergen, von Innerlichem und Äusserlichem – in Variationen schafft Jürg Straumann Werke in unterschiedlicher Nähe und Distanz zu seinen grundlegenden Fragestellungen nach den Mechanismen der Bildgestaltung vor dem Hintergrund unserer Zeit.
Ausschnitte aus "Zu Besuch bei Félix"
(Françoise Jaunin in "Jürg Straumann. Variations Vallotton", 2015)
In Wirklichkeit ist neben Cézanne, Vallotton und all den andern die Malerei an und für sich das eigentliche Thema von Jürg Straumann. Seine Motive und Variationen sind im Grunde genommen nur der willkommene Vorwand, um mit unersättlicher Lust Formen und Farben zu inventarisieren, Gesten und Werkspuren, Stile und Techniken, Methoden und Macharten, die unendliche Palette des Möglichen, betrachtet durch das Prisma eines klaren und eigenwilligen Blicks, welcher den festen Rahmen bildet, innerhalb dessen aber alle Freiheiten, alle Manipulationen und alle Transformationen erlaubt sind.
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Die grosse Konstante im Werk von Jürg Straumann ist anderswo: es ist die produktive Obsession, welche ihn, ausgehend von bestehendem Material, zu einem andauernden Work in progress treibt. Es sind seine originellen und vielfältigen Strategien der Befragung der Kunstgeschichte und der heutigen Welt, welche die Arbeit des Künstlers auszeichnen und sie ganz und gar persönlich und erkennbar machen. Denn so sehr dieses Lob der Vielfalt, des Zerbrechlichen und sich Wandelnden, aber auch die Vielfalt der in alle Richtungen geknüpften Beziehungen sich auf Kunstwerke der Vergangenheit beziehen, so sehr sind sie durch die Augen unserer Gegenwart gesehen und treten mit ihr in intensiven Austausch.
In Wirklichkeit ist neben Cézanne, Vallotton und all den andern die Malerei an und für sich das eigentliche Thema von Jürg Straumann. Seine Motive und Variationen sind im Grunde genommen nur der willkommene Vorwand, um mit unersättlicher Lust Formen und Farben zu inventarisieren, Gesten und Werkspuren, Stile und Techniken, Methoden und Macharten, die unendliche Palette des Möglichen, betrachtet durch das Prisma eines klaren und eigenwilligen Blicks, welcher den festen Rahmen bildet, innerhalb dessen aber alle Freiheiten, alle Manipulationen und alle Transformationen erlaubt sind.
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Die grosse Konstante im Werk von Jürg Straumann ist anderswo: es ist die produktive Obsession, welche ihn, ausgehend von bestehendem Material, zu einem andauernden Work in progress treibt. Es sind seine originellen und vielfältigen Strategien der Befragung der Kunstgeschichte und der heutigen Welt, welche die Arbeit des Künstlers auszeichnen und sie ganz und gar persönlich und erkennbar machen. Denn so sehr dieses Lob der Vielfalt, des Zerbrechlichen und sich Wandelnden, aber auch die Vielfalt der in alle Richtungen geknüpften Beziehungen sich auf Kunstwerke der Vergangenheit beziehen, so sehr sind sie durch die Augen unserer Gegenwart gesehen und treten mit ihr in intensiven Austausch.
Ausschnitte aus "Farbmanifestation und Auflösung des Bildkörpers"
(Iris Kretzschmar in "Jürg Straumann. Panoptikum. Arbeiten/Oeuvres 1977-2006", Stämpfli Verlag, 2007)
Figuren und Objekte in Räumen 1977-1983
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... Auch in anderen Werken aus dieser Zeitspanne finden sich einzelne Menschen in kargen Räumen, vergleichbar mit einem Auftritt stummer Statisten auf einer düsteren Bühne. Es geht um Einsamkeit, um Verlust, um den Ausdruck eines Individuums - ein so in die Welt-geworfen-sein. Das Ich wird mit dem Raum konfrontiert, mit Leere oder Fülle als existentielle Herausforderung, einerseits malerisches Produkt, andrerseits Innenraum und Spiegel des Ichs. ...
Tische und Objekte 1983-1985
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Mitte der 80er Jahre malt JS Tische mit Objekten. Wie leuchtende Flugschneisen ragen helle Flächen in die Dunkelheit hinein. Die Figur ist abwesend – Gegenstände sind nun die Darsteller. Kleine und grössere Kuben, Kugeln, Kissen liegen exponiert auf der Fläche, einsam oder in Gruppen. Sie werden mit der umgebenden Dunkelheit konfrontiert – der Raum wirkt dunkel und geheimnisvoll. Die hellen Tischflächen lassen an eine Startrampe denken für den Sprung in eine kosmische Dimension. ...
Farbkörper 1985-86
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In einer späteren Werkgruppe nähert sich der Blick dem einzelnen Objekt. Der Bildraum wird zum Farbraum, in dem sich Farbspuren sammeln, bündeln, formen. Ein stärkeres Zoom auf diese klumpenförmigen Körper aus Farbe lässt die Distanz weiter schwinden; das Auge wird nahe an die Objekte herangeführt. Die Farbwolken dehnen sich aus, beginnen den Bildraum ganz auszufüllen und nehmen ihn in Besitz, wölben sich pulsierend und öffnen sich zum Betrachter hin. ...
Farbräume 1987-1991
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... JS ersetzt den Farbauftrag mit dem Pinsel durch die direkte Ausführung mit den Händen. Ziel ist die Virtuosität des Malaktes zu unterbinden. Das Malutensil steht nicht mehr zwischen Künstler und Bild, und der Körper wird direkter in den Malprozess einbezogen. Der Maler provoziert einen Distanz- und Kontrollverlust während des Malaktes, um sich stärker mit dem Bild zu verbinden. Farb-Ausdruck wird hier auch zum Körper-Ausdruck oder -Abdruck und hat performatorische Qualitäten. ...
Schüttbilder 1996
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Ebenso unterliegen die „Schüttbilder“ dem Prinzip des Kontrollverlust und des Zufalls als künstlerische Schöpfungsstrategie. Farben quellen unter die zuvor auf den Bildträger aufgebrachten Papiere und erzeugen Farbinseln auf einem monochromen Grund. Das Bild übernimmt sozusagen den Malakt, es beginnt sich selber hervorzubringen.
Schleifbilder ab 1997
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... Durch rein mechanisches Gegeneinander-Reiben zweier Farbträger entstehen Schleif- und Kratzspuren, welche die Farboberfläche aufbrechen und darunter liegende Schichten freilegen. Der Schleifvorgang erzeugt in den monochromen Farbflächen horizontale und vertikale informelle Spuren, die nicht mehr auf die Hand des Künstlers zurückzuführen sind. ...
Das Projekt Panoptikum ab 1999
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... Diese jüngsten Arbeiten bestehen aus vielen verschiedenen Einzelwerken, die als installative Anordnung präsentiert werden, eigentliche Zusammenstellungen unter einer Überschrift. Titel wie beispielsweise „capricci“ oder „Gärten“ bezeichnen jeweils den Kontext. ...
Die Offenheit der Struktur fordert den Betrachter heraus, sich in diesem Spiegelkabinett der Malerei zu bewegen, die Vielfalt der Bildwelten zu erschliessen, Verknüpfungen vorzunehmen und Brüche zu erkennen oder in der Schwebe zu lassen. Am Ende steht die Erkenntnis, dass eine abschliessende Deutung des panoptischen Bilderkosmos nicht möglich ist. Malerei erscheint als ein permanenter Prozess der Verwandlung ...
... Brüchigkeit und diffiziler Status des Lebens werden hier zu einer neuen Ästhetik, Stil im Sinne einer Handschrift unmöglich. Vielmehr entsteht eine Bildsprache, die universal ist. Gerade in der Heterogenität, der Verbindung von konzeptuellen und sinnlichen Aspekten und der Verknüpfung der digitalen und analogen Bildsprachen manifestiert sich ein modernes Zeitphänomen.
Figuren und Objekte in Räumen 1977-1983
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... Auch in anderen Werken aus dieser Zeitspanne finden sich einzelne Menschen in kargen Räumen, vergleichbar mit einem Auftritt stummer Statisten auf einer düsteren Bühne. Es geht um Einsamkeit, um Verlust, um den Ausdruck eines Individuums - ein so in die Welt-geworfen-sein. Das Ich wird mit dem Raum konfrontiert, mit Leere oder Fülle als existentielle Herausforderung, einerseits malerisches Produkt, andrerseits Innenraum und Spiegel des Ichs. ...
Tische und Objekte 1983-1985
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Mitte der 80er Jahre malt JS Tische mit Objekten. Wie leuchtende Flugschneisen ragen helle Flächen in die Dunkelheit hinein. Die Figur ist abwesend – Gegenstände sind nun die Darsteller. Kleine und grössere Kuben, Kugeln, Kissen liegen exponiert auf der Fläche, einsam oder in Gruppen. Sie werden mit der umgebenden Dunkelheit konfrontiert – der Raum wirkt dunkel und geheimnisvoll. Die hellen Tischflächen lassen an eine Startrampe denken für den Sprung in eine kosmische Dimension. ...
Farbkörper 1985-86
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In einer späteren Werkgruppe nähert sich der Blick dem einzelnen Objekt. Der Bildraum wird zum Farbraum, in dem sich Farbspuren sammeln, bündeln, formen. Ein stärkeres Zoom auf diese klumpenförmigen Körper aus Farbe lässt die Distanz weiter schwinden; das Auge wird nahe an die Objekte herangeführt. Die Farbwolken dehnen sich aus, beginnen den Bildraum ganz auszufüllen und nehmen ihn in Besitz, wölben sich pulsierend und öffnen sich zum Betrachter hin. ...
Farbräume 1987-1991
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... JS ersetzt den Farbauftrag mit dem Pinsel durch die direkte Ausführung mit den Händen. Ziel ist die Virtuosität des Malaktes zu unterbinden. Das Malutensil steht nicht mehr zwischen Künstler und Bild, und der Körper wird direkter in den Malprozess einbezogen. Der Maler provoziert einen Distanz- und Kontrollverlust während des Malaktes, um sich stärker mit dem Bild zu verbinden. Farb-Ausdruck wird hier auch zum Körper-Ausdruck oder -Abdruck und hat performatorische Qualitäten. ...
Schüttbilder 1996
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Ebenso unterliegen die „Schüttbilder“ dem Prinzip des Kontrollverlust und des Zufalls als künstlerische Schöpfungsstrategie. Farben quellen unter die zuvor auf den Bildträger aufgebrachten Papiere und erzeugen Farbinseln auf einem monochromen Grund. Das Bild übernimmt sozusagen den Malakt, es beginnt sich selber hervorzubringen.
Schleifbilder ab 1997
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... Durch rein mechanisches Gegeneinander-Reiben zweier Farbträger entstehen Schleif- und Kratzspuren, welche die Farboberfläche aufbrechen und darunter liegende Schichten freilegen. Der Schleifvorgang erzeugt in den monochromen Farbflächen horizontale und vertikale informelle Spuren, die nicht mehr auf die Hand des Künstlers zurückzuführen sind. ...
Das Projekt Panoptikum ab 1999
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... Diese jüngsten Arbeiten bestehen aus vielen verschiedenen Einzelwerken, die als installative Anordnung präsentiert werden, eigentliche Zusammenstellungen unter einer Überschrift. Titel wie beispielsweise „capricci“ oder „Gärten“ bezeichnen jeweils den Kontext. ...
Die Offenheit der Struktur fordert den Betrachter heraus, sich in diesem Spiegelkabinett der Malerei zu bewegen, die Vielfalt der Bildwelten zu erschliessen, Verknüpfungen vorzunehmen und Brüche zu erkennen oder in der Schwebe zu lassen. Am Ende steht die Erkenntnis, dass eine abschliessende Deutung des panoptischen Bilderkosmos nicht möglich ist. Malerei erscheint als ein permanenter Prozess der Verwandlung ...
... Brüchigkeit und diffiziler Status des Lebens werden hier zu einer neuen Ästhetik, Stil im Sinne einer Handschrift unmöglich. Vielmehr entsteht eine Bildsprache, die universal ist. Gerade in der Heterogenität, der Verbindung von konzeptuellen und sinnlichen Aspekten und der Verknüpfung der digitalen und analogen Bildsprachen manifestiert sich ein modernes Zeitphänomen.
Ausschnitte aus "Druckgrafik - Tiefe und Spannung"
(Valentine Reymond in "Jürg Straumann. Panoptikum. Arbeiten/Oeuvres 1977-2006", Edition Stämpfli, 2007)
Die Druckgrafik nimmt in der künstlerischen Arbeit von JS zwischen 1977 und 1999 einen wichtigen Platz ein. Während mehr als 20 Jahren entstehen, parallel zu seiner Malerei und den Zeichnungen, kontinuierlich Grafikblätter. Die Druckgrafik interessiert den Künstler in verschiedener Hinsicht. Er konzentriert sich zunächst auf die Radierung, bei welcher die vertieften Stellen der Kupferplatte die Druckfarbe aufnehmen. Er ist fasziniert durch die verschiedenen Tiefen der Ätzungen, welche unterschiedliche Abstufungen zwischen Grau und Schwarz bewirken. Und nicht zuletzt fasziniert ihn die Reduktion auf die blosse Schwarz-Weiss-Skala, die im Medium der Radierung sehr häufig anzutreffen ist.
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1990 beschäftigt sich JS mit einer anderen Technik, der Lithografie, dank der Zusammenarbeit mit Arno Hassler, Künstler und Drucker im Atelier der AJAC (Association Jurassienne d’Animation Culturelle) in Moutier. Bis anhin wurde die Lithografie von JS bewusst gemieden, weil diese Flachdrucktechnik die subtilen Tiefenwirkungen der Radierung nicht erreicht. Doch die Entdeckung des Übereinanderdruckens mehrerer transparenter Farbschichten mittels verschiedener Lithosteine macht genau diese Wirkung möglich. In "Steinklang" (1990) erschliessen sich nun bewegliche, schemenhafte Formen durch mehrere Schichten hindurch. Der für "elements and things" typische geometrische Aspekt erscheint hier nur noch in Form einer horizontalen "Messlatte" am unteren Bildrand.
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In der Mappe "Epigraphies" (mit 7 Gedichten von Sylviane Dupuis, 1996) geht JS noch einen Schritt weiter. Er beschränkt sich darauf, die Rückseite schon gebrauchter Kupferplatten zu verwenden, mit ihren Kratzern und Verätzungen. Der Künstler sucht sich aus mehreren Gründen aus dem subjektiv gesteuerten Gestaltungsprozess zurückzuziehen. Er verspürt den Wunsch nach Reduktion und Einfachheit, welche die Vorstellungskraft der Betrachtenden anzuregen vermögen. Er möchte die Eigenart seines bevorzugten Mediums, der Radierung, sichtbar machen. Er will die Möglichkeiten der Bildbefragung voll ausschöpfen, die grundlegenden Elemente des Bildes offenlegen sowie seinen eigenen Bezug zu Bildern. Dabei ist die Auswahl der 7 Platten aus den etwa 150, die er zur Verfügung hatte, ein zentraler Teil seiner Vorgehensweise. Der Künstler wollte sich nur jene Bilder zu eigen machen, die ihm voll entsprachen, die er selber hätte machen wollen. Die genau gleiche Erfahrung wiederholt sich in den "Zeichenbrettern" (1999).
Die Serie "zur Zeit"(1997-99) erscheint auf den ersten Blick sehr verschieden von ”Epigraphies”, wenn nicht sogar im Widerspruch dazu. Die Leere, nur von einigen Spuren rhythmisiert, macht einer Überfülle von Bildern Platz. Die asketischen Grautöne werden durch das intensive Cyanblau des Offsetdrucks ersetzt. Aber das Grundprinzip bleibt das gleiche: Es handelt sich um vorgefundenes Bildmaterial aus einer Offsetdruckerei, welches zu Werbezwecken diente. Der Künstler hat alle in den letzten Monaten gebrauchten Aluminiumplatten verwendet und nur die Texte weggeätzt. Dabei hat er 20 Platten nacheinander auf den gleichen Bogen gedruckt, was zu einer "all over"-Struktur von Bildern führt, die sich überschneiden und überlagern. Die Zusammenstellung ist willkürlich, die Menge evoziert die Bilderflut, der wir heutzutage ausgesetzt sind.
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Für JS ist diese Bilderflut gleichzeitig erschreckend und faszinierend. Ebenfalls in den 90er Jahren schafft er Collage-Bücher. Das Bildmaterial aus Zeitschriften ordnet er nach Themen und Farben, nach numerischen, alphabetischen, chronologischen u.a. Kriterien. Er schafft Ordnungszusammenhänge zwischen unterschiedlichsten Bildern und spielt mit den Assoziationen, welche die verschiedenen Welten des Sports, des Theaters, der Landschaft usw. hervorrufen. In seine erste Radierung montierte JS eine Figur aus einer Malerei von Piero della Francesca. In der seit 1999 entstandenen Reihe von Ölbildern zitiert er Landschaften von Félix Vallotton oder Filmszenen von Jean-Luc Godard. Er integriert verschiedene vorgefundene Bildtypen in seine Kunst und verbindet sie so mit den Welten, die uns umgeben.
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Das Prinzip des Zusammenfügens verschiedener Techniken und Themen hat seinen Ursprung zweifellos in der Druckgrafik. Grafische Linien und malerische Flächen in seinen Radierungen, geometrische und gestische Zeichen in "elements and things" - das Prinzip der Collage hat seine Wurzeln in den verschiedenen Tiefen und Spannungen der Kupferplatte.
Die Druckgrafik nimmt in der künstlerischen Arbeit von JS zwischen 1977 und 1999 einen wichtigen Platz ein. Während mehr als 20 Jahren entstehen, parallel zu seiner Malerei und den Zeichnungen, kontinuierlich Grafikblätter. Die Druckgrafik interessiert den Künstler in verschiedener Hinsicht. Er konzentriert sich zunächst auf die Radierung, bei welcher die vertieften Stellen der Kupferplatte die Druckfarbe aufnehmen. Er ist fasziniert durch die verschiedenen Tiefen der Ätzungen, welche unterschiedliche Abstufungen zwischen Grau und Schwarz bewirken. Und nicht zuletzt fasziniert ihn die Reduktion auf die blosse Schwarz-Weiss-Skala, die im Medium der Radierung sehr häufig anzutreffen ist.
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1990 beschäftigt sich JS mit einer anderen Technik, der Lithografie, dank der Zusammenarbeit mit Arno Hassler, Künstler und Drucker im Atelier der AJAC (Association Jurassienne d’Animation Culturelle) in Moutier. Bis anhin wurde die Lithografie von JS bewusst gemieden, weil diese Flachdrucktechnik die subtilen Tiefenwirkungen der Radierung nicht erreicht. Doch die Entdeckung des Übereinanderdruckens mehrerer transparenter Farbschichten mittels verschiedener Lithosteine macht genau diese Wirkung möglich. In "Steinklang" (1990) erschliessen sich nun bewegliche, schemenhafte Formen durch mehrere Schichten hindurch. Der für "elements and things" typische geometrische Aspekt erscheint hier nur noch in Form einer horizontalen "Messlatte" am unteren Bildrand.
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In der Mappe "Epigraphies" (mit 7 Gedichten von Sylviane Dupuis, 1996) geht JS noch einen Schritt weiter. Er beschränkt sich darauf, die Rückseite schon gebrauchter Kupferplatten zu verwenden, mit ihren Kratzern und Verätzungen. Der Künstler sucht sich aus mehreren Gründen aus dem subjektiv gesteuerten Gestaltungsprozess zurückzuziehen. Er verspürt den Wunsch nach Reduktion und Einfachheit, welche die Vorstellungskraft der Betrachtenden anzuregen vermögen. Er möchte die Eigenart seines bevorzugten Mediums, der Radierung, sichtbar machen. Er will die Möglichkeiten der Bildbefragung voll ausschöpfen, die grundlegenden Elemente des Bildes offenlegen sowie seinen eigenen Bezug zu Bildern. Dabei ist die Auswahl der 7 Platten aus den etwa 150, die er zur Verfügung hatte, ein zentraler Teil seiner Vorgehensweise. Der Künstler wollte sich nur jene Bilder zu eigen machen, die ihm voll entsprachen, die er selber hätte machen wollen. Die genau gleiche Erfahrung wiederholt sich in den "Zeichenbrettern" (1999).
Die Serie "zur Zeit"(1997-99) erscheint auf den ersten Blick sehr verschieden von ”Epigraphies”, wenn nicht sogar im Widerspruch dazu. Die Leere, nur von einigen Spuren rhythmisiert, macht einer Überfülle von Bildern Platz. Die asketischen Grautöne werden durch das intensive Cyanblau des Offsetdrucks ersetzt. Aber das Grundprinzip bleibt das gleiche: Es handelt sich um vorgefundenes Bildmaterial aus einer Offsetdruckerei, welches zu Werbezwecken diente. Der Künstler hat alle in den letzten Monaten gebrauchten Aluminiumplatten verwendet und nur die Texte weggeätzt. Dabei hat er 20 Platten nacheinander auf den gleichen Bogen gedruckt, was zu einer "all over"-Struktur von Bildern führt, die sich überschneiden und überlagern. Die Zusammenstellung ist willkürlich, die Menge evoziert die Bilderflut, der wir heutzutage ausgesetzt sind.
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Für JS ist diese Bilderflut gleichzeitig erschreckend und faszinierend. Ebenfalls in den 90er Jahren schafft er Collage-Bücher. Das Bildmaterial aus Zeitschriften ordnet er nach Themen und Farben, nach numerischen, alphabetischen, chronologischen u.a. Kriterien. Er schafft Ordnungszusammenhänge zwischen unterschiedlichsten Bildern und spielt mit den Assoziationen, welche die verschiedenen Welten des Sports, des Theaters, der Landschaft usw. hervorrufen. In seine erste Radierung montierte JS eine Figur aus einer Malerei von Piero della Francesca. In der seit 1999 entstandenen Reihe von Ölbildern zitiert er Landschaften von Félix Vallotton oder Filmszenen von Jean-Luc Godard. Er integriert verschiedene vorgefundene Bildtypen in seine Kunst und verbindet sie so mit den Welten, die uns umgeben.
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Das Prinzip des Zusammenfügens verschiedener Techniken und Themen hat seinen Ursprung zweifellos in der Druckgrafik. Grafische Linien und malerische Flächen in seinen Radierungen, geometrische und gestische Zeichen in "elements and things" - das Prinzip der Collage hat seine Wurzeln in den verschiedenen Tiefen und Spannungen der Kupferplatte.